Dienstag, 14. Oktober 2014

Zerbrochener Mond



Story:
Was wäre, wenn der zweite Weltkrieg anders ausgegangen wäre? Wenn ein grausames, totalitäres Regime die Weltherrschaft an sich reißen wollte? Würden wir brav unser armseliges Leben in Zone 7 leben, bei den Ratten und Fliegen, in ständiger Angst vor den Ledermantelmännern? Würden wir vor der Fahne des Mutterlands strammstehen, wie die Musterschüler mit ihren langen Hosen und ordentlich gebundenen Schlipsen? Oder würden wir wie Standish Treadwell, der Junge mit den verschiedenfarbigen Augen, unseren ganz eigenen Weg gehen?

Meinung:
Wenn man den Buchrückentext liest, vermutet man vielleicht einen weiteren der zahlreichen Romane, welche in der Zeit Nazi-Deutschlands spielen. Allerdings wird weder das Wort "Nazi", noch Hitler oder Ähnliches erwähnt und dennoch sind die bewusst gesetzten Parallelen zu dieser schrecklichen Zeit erkennbar.

Im Mittelpunkt von "Zerbrochener Mond" steht der 15-jährige Standish Treadwell, welcher eine Schreib- und Leseschwäche hat, sowie ein blaues und ein braunes Auge. Der Junge schildert sein Leben aus der Ich-Perspektive und macht somit seine sprachlichen Defizite zu einem liebevollen Nebeneffekt beim Lesen. Da wird aus einem verdammt schon mal ein "zerdammt" oder das bekannte, koffeinhaltige Getränk wird zu einer "Croca Cola".

Standish lebt in Zone 7. Wie viele Zonen es gibt, wird nicht näher erklärt. Nur dass Zone 1 den Wohlbetuchten vorbehalten ist, während die Armut und der ständige Kampf ums Überleben in der siebenten Zone an der Tagesordnung steht. Über all das herrscht das Mutterland mit seiner Präsidentin. Dieses totale Regime führt anscheinend Krieg gegen den Rest der Welt und hält sich für eine überlegene und reine Rasse. Wer nicht in dieses Reinheitskonzept passt, verschwindet und wird zu "Madenfutter". Damit alles mit "rechten" Dingen zugeht, sorgen Ledermantelträger.

In 100 kurzen und prägnanten Kapitel erschafft die Autorin Sally Gardner eine surreale Welt voller Furcht und Angst. Menschen sind nichts wert und gleichzeitig absolut austauschbar. Durch die ständig vorherrschende Gewalt und den Existenzängsten der Bürger, werden diese möglichst ruhig gehalten. Den Kindern bleiben nur Tagträume, um wenig später von Schlägen mit dem Rohrstock in das Hier und Jetzt zurückgeholt zu werden.

Als das Mutterland schlussendlich versucht mit einer fingierten Mondlandung seine wahre Größe zu demonstrieren, hat der junge Standish nicht weniger vor, als genau das zu verhindern - alleine.

Die vermeintlichen Schwächen des Hauptprotagonisten sind in Wahrheit seine Stärken und machen ihn sympathisch. Kein Wunder ist doch die Autorin, Sally Gardner, selbst Legasthenikerin und hat erst mit 14 Jahren lesen gelernt. Die Britin hat dann viele Jahre als Bühnenbildnerin gearbeitet bis sie nun Autorin wurde.



Fazit:
Ein bedrückender Jugendroman, welcher alle Aspekte des totalitären NS-Regimes behandelt, ohne mit dem Zeigefinger zu agieren. Mit Standish Treadwell gab es schon lange keine so sympathischen Antihelden. Die zahlreichen Illustrationen runden dieses Buch ab und machen es zu einem außergewöhnlichen Leseerlebnis

Zuerst erschienen bei: Splashbooks

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